Die Schleppleine – für eine ganze Zeit war sie mein schlimmster Albtraum. Mittlerweile möchte ich sie bei der Arbeit mit meinem Vizsla-Rüden nicht mehr missen. Und sie ist zum Standard-Repertoire bei fast jedem Spaziergang geworden. Wieso? Das verrate ich Euch in diesem Blogbeitrag. Und erzähle Euch auch, wieso ich sie gerne schon sehr viel früher für mich entdeckt hätte.
Schleppleine beim Vizsla? Nein danke!
Fangen wir ganz vorne an: Als ich Bayard bekam, gab es die ersten Wochen nur das Geschirr und eine normale Leine. Im Wald habe ich den Welpen dann gerne abgeleint, ihn ein paar Meter vorlaufen lassen, ihn zu mir gerufen und ihn gelobt, wenn er angelaufen kam. Das alles in dem Glauben, dass ich so einerseits die Bindung zu mir stärke, andererseits automatisch den Rückruf trainiere.
Gleichzeitig war ich die ersten Monate als Vizsla-Mama davon überzeugt, dass ich meinen jungen Jagdhund nur durch intensiven Auslauf richtig auslaste. Und Auslauf habe ich dabei leider häufig mit Freilauf gleichgesetzt. Das Wörtchen „leider“ verrät an dieser Stelle schon, dass ich meine damalige Entscheidung heutzutage durchaus anders sehe und – sollte es jemals einen zweiten Hund geben – auch definitiv anders machen würde.
Und die Schleppleine? Die war zu dem Zeitpunkt so gar kein Thema. Ständig habe ich mich verheddert, hatte durch Nässe und Schmutz dreckige Hände und Klamotten oder war angespannt damit beschäftigt, das lange Seil auf- und wieder abzurollen. Und warum dann keine kurze Leine? Da der Vischel-Welpe bis zu seinem ersten Lebensjahr einfach noch nicht richtig leinenführig war, habe ich es mir mit dem Freilauf zugegebenermaßen oft auch „leicht“ gemacht und die Leinenführigkeit nur auf ganz bestimmten Passagen oder eben in der Hundeschule trainiert.
Der unkontrollierte Freilauf: Anfang vieler Probleme
Das rächte sich schnell und ich zahlte das „Lehrgeld“ für diese Entscheidung. Dadurch, dass Bayard im Wald fast immer freilaufen durfte, setzte er die Spaziergänge verständlicherweise mit „Freiheit“ und „Action“ gleich. Zwar blieb er immer auf den Wegen, da ich ihn vom ersten Tag an korrigierte, wenn er diese verließ, aber seine Aufmerksamkeit war trotzdem nicht immer bei mir. So kam es dann auch, dass längst nicht jeder Rückruf saß. Gerade, wenn uns andere Menschen oder Hunde entgegenkamen, denen Bayard unbedingt „Hallo“ sagen wollte, gab es den ein oder anderen Fall, bei dem er mich und mein Rufen einfach ignorierte.
Verständlicherweise waren die anderen Hundebesitzer wenig angetan. Und ich selbst blockiere heutzutage freilaufende Hunde rigoros, wenn sie Kontakt mit Bayard aufnehmen wollen, wenn er angeleint ist.
Meine Konsequenz auf dieses Verhalten meines Vizslas war allerdings nicht, seine Freiheit sofort und dauerhaft in Form einer Leine einzuschränken, damit er sich mein Vertrauen zurückverdient. Sondern eher Wege zu meiden, auf denen uns Hunde hätten begegnen können oder aber angespannt durch den Wald zu laufen, damit ich jeden Hund oder Spaziergänger nur ja vor meinem Vizsla wahrnehme.
Die Folge? Ich stand unter Dauerstrom, übertrug diese Nervosität auf meinen Vizsla, der dann wiederum noch aufgedrehter und unaufmerksamer wurde. Ein Teufelskreis!
Das Umdenken
Durch die Zusammenarbeit mit unseren Trainern und Gesprächen mit vielen anderen Vizsla-Besitzern, erkannte ich dann schnell, dass der Freilauf kein Dauerrecht des Hundes sein sollte, sondern ein Privileg. Und zwar eines, das sich der Hund durch positives Verhalten verdienen muss. Das heißt: Der Vizsla sollte erst von der Schleppleine oder sogar von der kurzen Leine in den Freilauf geschickt werden, wenn Bindung, Aufmerksamkeit und Rückruf zu 100 % sitzen. Und das dauert!
Dementsprechend würde ich meinen Vizsla-Welpen heutzutage ganz konsequent nur an der Schleppleine führen – und das vielleicht sogar für das gesamte erste Jahr. Den Radius einer solchen Leine kann man dann sukzessive ausweiten (Ein Glück gibt es Schleppleinen ja in so ziemlich jeder denkbaren Länge!), bis man sie wirklich nur noch in bestimmten Situationen braucht.
Für mich war ein besonders großer Aha-Effekt auch die Frage der Auslastung. Wie gesagt, lief ich ja in dem festen Glauben durch die Welt, dass ich meinen Vizsla nur durch Freilauf auslaste. Heute weiß ich: Absoluter Unsinn! Gerade das „Fuß laufen“ an der Leine und die ständige Orientierung am Hundeführer erfordern beim Hund größte Konzentration – speziell in der Anfangs- bzw. Trainingsphase. Und auch das lastet natürlich aus. Zudem habe ich gemerkt, dass Bayard nicht weniger müde ist, wenn wir unsere langen Spaziergänge an der Schleppleine machen. Im Gegenteil: Er ist viel konzentrierter und arbeitet mehr mit seiner Nase. Eine Aktivität, die ja ebenfalls für Auslastung sorgt.
Wie wir die Schleppleine heute nutzen
Mittlerweile ist die Schleppleine zu meiner Lieblingsleine geworden. Sie ist für mich ein praktisches „All-in-One“-Gerät, das Bayard ausreichend Radius zum Laufen und Schnüffeln schenkt, gleichzeitig aber auch kurzerhand so umfunktioniert werden kann, dass mein Vischel bei mir und bei Fuß läuft.
Auch das Problem der nassen, schmutzigen Hände haben wir gelöst, indem ich mich für eine Schleppe aus Biothane entschieden habe. Dieses Material besteht aus einem Strukturgewebe mit Kunststoffummantelung. Schmutz und Nässe perlen daran einfach ab und bei extremer Verschmutzung reicht es, die Leine kurz mit einem feuchten Lappen zu reinigen.
Die Schleppleine setze ich gerne dann ein, wenn ich „Ruhe“ in den Spaziergang bringen möchte, beispielsweise nach einem aufregenden Tag für Bayard. Oder wenn ich merke, dass entweder Bayard oder ich unkonzentriert sind, hilft uns die Leine, dass keine „Fehler“ passieren. Immerhin bin ich als Hundehalterin dafür verantwortlich, dass mein Vischel nicht zu anderen Hunden oder Spaziergängern läuft. Wenn ich das im Freilauf nicht garantieren kann, – auch weil ich als Führer gerade mit den Gedanken woanders bin und nicht schnell genug reagiere – ist die Schleppleine super geeignet, um dies auszugleichen.
Ihr seht: Mittlerweile bin ich ein absoluter Fan meiner Schleppe. Geht es Euch auch so? Oder welche Leinen nutzt Ihr bevorzugt? Ich freue mich auf Eure Kommentare!
Liebe Christina,
Vielen Dank für den interessanten Beitrag. Ich werde es jetzt genauso trainieren, mein 1jähriger Vizsla-Rüde hat seine Selbständigkeit nach und nach ausgeweitet, so dass unser perfekter Rückruf leider nicht mehr zuverlässig funktioniert.
Kurze Frage: Befestigst du tatsächlich die Leine am Halsband? Da wird oft vor gewarnt und ich weiß nicht, ob ich wirklich ein Geschirr nehmen muss… LG Juli
Hallo Juli,
vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich denke, man muss schauen, wie der eigene Hund an der Schleppleine funktioniert. Bayard zieht daran kaum, um seinen Radius auszuweiten, daher habe ich keine Bedenken, ein Halsband zu nehmen. Ein Geschirr wäre aber für Kandidaten, die ihren Radius gerne austesten, sicher die bessere und sicherere Wahl – vielleicht vor allem auf den ersten Spaziergängen, um zu sehen, wie sich der Hund in der Situation verhält.
Ich hoffe, das hilft Dir weiter?!
Viele Grüße und viel Erfolg beim Training!
Christina
Hallo Christina,
Vielen Dank, dass du deine Erfahrungen mit deinem wunderschönen Vizsla Rüden Bayard teilst. Ich habe ein 7 Monate altes Vizsla Mädchen und werde aufgrund deiner Schilderung wieder zur Schleppleine, statt Freilauf zurückkehren, da Bella zunehmend mal rechts oder links den Weg verlässt. Welche Länge hast du benutzt, um das auf dem Weg bleiben zu etablieren?
Liebe Grüße
Ingeborg
Hallo Ingeborg,
schön, dass Du mir schreibst. Und ja, die Schleppleine ist wirklich ein praktischer Helfer 🙂 Ich habe immer mit 5m-Schleppleine gearbeitet. Sicher kann man es auch mit 7,5 oder 10 Metern versuchen, aber da man damit ja auch einen Radius vorgibt und etabliert, wollte ich nicht, dass Bayard zu weit vorausläuft. Und so viel Leine wollte ich auch nie mit mir herumschleppen 😉
Euch weiterhin viel Erfolg beim Training und liebe Grüße,
Christina
P.S.: Bayard dankt für das Kompliment!
Hallo, liebe Viszla-Menschen,
ich trage mich mit dem Gedanken, ein Vizsla-Mädchen in mein Leben zu holen. Ich könnte schon in 2 Wochen einen 4 Monate alten Welpen bekommen und möchte mich bis Freitag entscheiden. Ich bin 62, fit und aktiv, noch 2 Jahre erwerbstätig und im Dauerhomeoffice. Ich lebe allein, aber zum „Rudel“ gehört die 5-köpfige Familie meiner Tochter gleich in der Nachbarschaft.
Ich möchte gern, habe aber auch total Respekt vor der Aufgabe und Verantwortung. Ich möchte dem Tier gerecht werden, mich aber auch nicht überfordern.
Und noch etwas: welche Versicherungen habt Ihr für euren Hund?
Was denkt Ihr über mein Vorhaben? Für ein paar ehrliche Hinweise wäre ich sehr dankbar!
Liebe Grüße
Lilly
Hallo Lilly,
danke für Deine Nachricht. Ich weiß nicht, ob Du hier sehr viele Antworten bekommen wirst und kann Dir nur empfehlen, die sozialen Netzwerke zu nutzen. Da gibt es viele Gruppen für Vizsla-Besitzer und -Interessierte, wo Dich sicher mehr Austausch erwartet, als hier 🙂 Dennoch freue ich mich natürlich, dass Du den Weg hierher gefunden hast und auch, dass Du Dir vor dem Kauf so viele gute und wichtige Gedanken machst!
Ich wünsche Dir viel Erfolg bei der Entscheidungsfindung.
Viele liebe Grüße,
Christina
Hallo Christina,
Ich beschäftige mich aktuell mit der Überlegung ein wischel in mein Leben zu holen. Meine konkrete Frage hier: wie stehst du dazu wenn er kontinuierlich an der Schleppleine ziehen würde? Absolutes no Go und Erziehungssache oder unter Anbetracht der Rasse & Einflüsse im Wald normal?
Danke dir!
Hallo Felizitas,
danke für Deine Frage. An der Schleppleine darf Bayard schnüffeln, markieren und sich eben auch in dem gegebenen Radius bewegen. Ziehen toleriere ich weder bei der Schleppleine noch bei der Kurzleine. Dennn der Hund lernt dann sehr schnell, dass er eben nur stark und lange genug ziehen muss, um weiterzukommen. Und letztlich gibt er damit Richtung und Tempo des Spaziergangs vor. Aber das sollte nur der Rudelführer, also Du! Ich bleibe, wenn Bayard zu aufgeregt ist und sich in die Leine legt, einfach ganz ruhig stehen und es geht erst weiter, wenn kein Zug mehr auf der Leine ist. Das funktioniert sehr gut und der Hund lernt so wirklich gut, was „sein“ Radius ist.
Viele liebe Grüße,
Christina
Hallo Christina,
wir haben jetzt seit 5 Wochen eine Vizsla Hündin. Sie ist 14 Wochen alt. Luna ist bereits unser 4 Hund! Also keine Anfänger mehr. Jedoch muss ich sagen, das Vizsla keine Golden Retriever oder Labradore sind🙈 aber dennoch tolle Hunde.
Wie ich bereits bei dir gelesen habe, hattest du zu Anfang auch das Problem, das Besucher oder generell Menschen sehr freudig empfangen und begrüßt werden. Sie kommt auch sehr schlecht zur Ruhe und ist immer total „on“.
Jetzt sind wir mit der Box auf einem guten Weg. Ich habe das Gefühl, das sie sonst einfach nicht zur Ruhe kommt. Wenn ich mit ihr kleine Spaziergänge mache, kann ich sie nicht auf mich aufmerksam machen. Selbst Leckerlies oder Fleischwurst ist ihr egal!!!!
Sie ist nur auf die äußeren Einflüsse fixiert. Ich gehe auch nur an der Schleppleine am Geschirr!
Kannst du mir eventuell einen Tipp geben? Wenn sie Menschen begrüßen möchte, stelle ich mich auf die Leine sodass sie nicht anspringen kann. Doch wie soll sich der Mensch dann verhalten?
Für einen Rat wäre ich Dir sehr dankbar ☺️
Liebe Grüße
Heike
Hallo Heike,
vielen Dank für Deine Nachricht. Im Grunde muss der Hund ja lernen, dass Besucher für ihn völlig uninteressant sind, weil sie nicht auf ihn reagieren. Ich habe mir zu Hause immer wieder Menschen eingeladen, die Bayard bewusst ignorieren sollten. Kein Blickkontakt, kein Anfassen, keine Ansprache. Und dann sind sie einfach wieder gegangen. Bayard lag dann mit der Leine und an einem Möbelstück fixiert auf seiner Decke. Am Anfang eine Katatstrophe, da er gejault hat, rumgesprungen ist…Aber irgendwann hat er begriffen, dass nichts passiert und er sich entspannen kann. Gleiches gilt draußen: WEnn Menschen gar nicht auf den Hund reagieren und Du ihn beim Hochspringen korrigierst, wird sich – und das mag etwas dauern – ein Lerneffekt einstellen.
Ich bin zuversichtlich, dass Ihr es mit ein wenig Geduld schafft!
Viele liebe Grüße,
Christina