Der Vizsla kommt nicht zur Ruhe! Wie Boxentraining helfen kann

von Okt 10, 2020

Wer meinen Blog verfolgt, wird häufiger über die Aussage gestolpert sein, dass der Vizsla viel rassetypische Auslastung benötigt – für Kopf und Körper. Dennoch habe ich selbst erfahren dürfen, dass man es mit den Aktivitäten durchaus übertreiben kann. Und der Vizsla neben Gehorsam vor allem auch das zur Ruhe kommen lernen muss. Wie uns das Boxentraining dabei geholfen hat, schildere ich im folgenden Beitrag.

Was zu wenig Ruhephasen beim Vizsla anrichten

Als ich Bayard mit knapp neun Wochen bekam, war er ganz anders, als ich es erwartet hatte: Von den Erfahrungen mit meinem früheren Hund und den Schilderungen vieler anderer Hundeeltern wusste ich, dass ein Welpe bis zu 20 Stunden am Tag schläft. Dass kleine Spaziergänge ausreichen, damit das Fellknäuel anschließend seelenruhig in seinem Körbchen döst. Aber Pustekuchen! Ich hatte einen Welpen auf LSD, der einfach nie zur Ruhe kam.

Meine erste Schlussfolgerung: Du lastest Deinen Vizsla nicht richtig aus. Hätte er genug Bewegung und würde von Dir ausreichend gefordert, würde er ja schlafen. Wie ich heute weiß, war das ein großer Irrglaube und der Anfang vieler Probleme.

Denn anstatt meinen Vizsla-Welpen zur Ruhe zu zwingen, ging ich zunächst dazu über, die Gassirunden auszudehnen, das Training anspruchsvoller zu gestalten und auch im Haus immer ausgiebig mit ihm zu spielen. Das Resultat: Ein völlig aufgedrehter (und übermüdeter) Vischel, der noch immer nicht zur Ruhe kam und massive Probleme hatte, entspannt im Körbchen zu liegen und nicht ständig voll Anspannung auf die nächste Ablenkung zu warten.

Und das rächte sich: Nicht nur, dass ich einfach nichts mehr erledigt bekam, weil der überdrehte Vischel immer irgendwas anstellte, ich ein Auge auf ihn werfen musste und dadurch selbst unruhiger und gereizter wurde. Auch als „Bürohund“ hatte Bayard aufgrund dieser Problematik extreme Anlaufschwierigkeiten.

Unser Lebensretter: Das Boxentraining

Überfordert, von Schlafmangel gepeinigt und „mit der Gesamtsituation unzufrieden“, wandte ich mich schließlich an eine Hundetrainerin, die das Problem schnell erkannte:

„Ihr Hund muss lernen, zur Ruhe zu kommen“, sagte sie nach ungefähr fünf Minuten. „Und damit meine ich lernen, genauso wie er lernen muss, Sitz und Platz zu machen.“

Danach stellte sie in einer ruhigen Ecke eine Hunde-Transportbox auf, legte Bayards Kuscheldecke hinein und lockte den Vischel mit einem Leckerli hinein. Danach wurde die Tür angelehnt, sofort wieder geöffnet und Bayard bekam mit viel Lob ein weiteres Leckerli. So weitete die Trainerin die Zeiten der vermeintlich geschlossenen Tür sekundenweise aus.

Wir bekamen den Auftrag, genau das täglich zu üben und dabei die Intervalle der „Boxenzeit“ immer weiter zu vergrößern. Zudem riet die Expertin dazu, Bayard nur noch in der Box, allerdings bei geöffneter Tür, zu füttern. Er sollte diesen Ort mit „etwas Positivem“ verbinden.

Für das Spielen im Haus bekamen wir ein deutliches Verbot. Action sollte es nur noch außerhalb der eigenen vier Wände geben.

Gesagt, getan. Wir übten fleißig. Als die Tür dann aber nach ein paar Tagen das erste Mal wirklich verschlossen wurde, startete das Theater: Um seinem Ruf als „Dramaqueen der Hunderassen“ alle Ehre zu machen, winselte und weinte Bayard kräftig drauf los. Minutenlang. Für mich nicht einfach, aber ich blieb standhaft. Erst als er aufhörte und ruhig wurde, öffnete ich die Tür und er wurde mit viel Lob und einem Leckerli belohnt.

Auch die kommenden Tage gingen – sobald die Tür geschlossen wurde – nicht ohne disaströses Gezeter, Gewimmere und Geweine vonstatten. Bis er irgendwann kaum noch „meckerte“. Er schien zu begreifen, dass er wenn überhaupt erst rausgelassen wird, wenn er sich ruhig verhält.

Dann, eines Abends, stand die Tür der Box offen und Bayard ging freiwillig hinein, rollte sich zusammen und schlief ein.

Der Vizsla kann Ruhe lernen

Dieses Verhalten zeigte er nun immer häufiger. Auch tagsüber. Und selbst wenn ich die Tür der Box schloss, wachte er nicht auf.

Ich war seelig! Endlich konnte ich seine Schlafphasen nutzen, um auf dem Sofa zu entspannen. Bayard „wehrte“ sich nicht mal mehr dagegen, wenn ich ihn nach jedem Spaziergang routinemäßig in die Box setzte. Es dauerte keine Minute, bis er „in seiner Höhle“ ruhig wurde und einschlief.

Eiserne Regel: Während er in der Box lag, gab es meinerseits keinerlei Ansprache. Und auch Spielzeuge waren an diesem Ort tabu. Der Vizsla sollte lernen: In Deiner Box kannst Du entspannen, weil Du nichts verpasst. Action und Spiel gibt es draußen, drinnen wird geruht.

Irgendwann musste ich die Tür gar nicht mehr schließen. Bayard hatte die Box als seinen Rückzugsort akzeptiert, an dem er endlich zur Ruhe kommen konnte. Und es trat das ein, was ich niemals für möglich gehalten hätte: Je mehr mein Vizsla schlief, desto ausgeglichener wurde er.

So lange dauerte das Boxentraining

Dass ich zu etwa dieser Zeit coronabedingt dauerhaft ins Home Office umgesiedelt wurde, erwies sich für das Boxentraining natürlich als Glücksfall. Zwar hatten Bayard und seine Hundebox ein paar gemeinsame Auftritte im Büro, aber durchaus zu einer Zeit, als er noch sehr klangvoll demonstrierte, was er von den von Frauchen verordneten Ruhephasen hielt. Immer gerne dann, wenn einer der Kollegen gerade dringend telefonieren musste.

Heute weiß ich, dass Bayard mich erst hätte begleiten sollen, nachdem er das Boxentraining erfolgreich absolviert hatte. Und das hat bei uns etwa drei bis vier Wochen gedauert. Nachdem er die Box vollständig akzeptiert hatte, habe ich dort auch nicht mehr gefüttert.

Das Boxentraining für den Vizsla: Mein Fazit

Jedem Vizsla-Besitzer kann ich nur dazu raten, das Thema Ruhe so früh wie möglich zu trainieren. Gerade bei einer so aktiven und reizsensiblen Rasse lohnt sich das Boxentraining. Ich würde heutzutage viel früher damit anfangen und die Box gleich am ersten Tag als Ort der Ruhe etablieren. Aber auch bei etwas älteren Welpen lässt sich das Training noch gut durchführen.

Euer Hund wird Euch die Zwangspausen danken. Ok, zugegeben, nicht sofort. Aber mit der Zeit werdet Ihr einen ausgeglicheneren und zufriedeneren Vischel bekommen. Und davon profitieren vor allem das gemeinsame Zusammenleben und letztlich jedes weitere Gehorsamstraining. 

Bis dahin: Stay Vizsladdicted!

12 Kommentare

  1. Imke

    Hallo!
    Mir hat das sehr geholfen, dies zu lesen!
    Meine Vizsla-Hündin ist 11 Wochen alt und seit zwei Tagen üben wir mit der Box! Zu Beginn ein laut starkes Drama und es ist schwer, das „auszuhalten“…
    Aber gestern abend legte sie sich vin selbst in die Box und war nicht mehr raus zu kriegen 😊
    Bei der „Übungsrunde“ heute morgen, war allerdings wieder Drama angesagt…aber es tut ihr gut…das ist gut, zu wissen!
    Danke für die Ehrlichkeit und interessanten Themen! 😊

    Antworten
    • Christina

      Hallo Imke,
      danke für Deinen lieben Kommentar, über den ich mich sehr freue. Ebenso zu lesen, dass Dir der Beitrag weitergeholfen hat. Auch bei uns waren die ersten Tage mit Box durchaus ein Drama, aber es lohnt sich, dranzubleiben. Und Deine Kleine scheint ja im Ansatz schon verstanden zu haben, dass man in so einer Box auch einfach mal ganz gemütlich entspannen kann. Ich wünsche Dir weiterhin gutes Durchhalten und eine tolle Welpenzeit.
      Viele liebe Grüße,
      Christina

      Antworten
      • Markus

        Hallo Christina,
        Wahnsinn deine Beiträge und dein Blog.
        Wir haben seit einer Woche unseren Billy geholt er ist jetzt allerdings schon 20 Wochen alt.
        Wir hätten durch Umbau usw. Ihn aber nicht ehr holen können.
        Er war die ersten zwei Tage etwas beleidigt mit uns und sehr ängstlich aber duch viel liebe von uns 4en taut er immer nehr auf.
        Wir haben das Problem, dass er sich nachts immer den schönsten Platz in der Wohnung aussucht
        Wir schlafen alle 4 im DG und er soll im Extra hergerichtet Hundezimmer im EG schlafen.
        Das macht er auch Also im EG aber jetzt schon zwei mal auf der Couch und das geht nicht
        Wir sagen es ihm immer wieder und loben ihn wenn es geht.
        Er kennt auch keine Leckerlis. Sein Züchter hatte nichts davon gehalten und hat ihn nur gelobt. Jetzt hatten wir unsere Leckerlis umsonst gekauft, denn als wir sie ihm gegeben hatten nahm er sie garnicht an. Sorry Ich schweife ab. Was ich fragen wollte ist wie habt ihr ihn in die Box bekommen? Ich glaub nicht dass Billy dort rein geht nur wenn seine Decke drin liegt da müsste einer von meinen Buben mit rein sitzen 🙂
        Viele Grüße Markus

        Antworten
        • Christina

          Hallo Markus,
          die Couch ist natürlich „verführerisch“, weil es ein priveligierter Platz ist, den der Hund sich natürlich gerne sichert. Ohne Beaufsichtigung glaube ich nicht, dass man ihm nachts abgewöhnen kann, sich dorthin zu legen. Daher hilft die Box sicher gut. Ich würde Euren Welpen allerdings nicht mit der Box alleine im EG lassen, da Ihr ja hören und reagieren müsst, wenn er sich meldet und raus muss. Daher würde ich sie vielleicht neben Euer Bett stellen, wenn das geht?! Am Anfang habe ich Bayard immer einfach hineingesetzt und die Tür verschlossen. Wenn er reuhig war, habe ich gelobt und die Tür wieder geöffnet. Die Intervalle habe ich dann immer weiter ausgedehnt. Freiwillig ist er erst nach Wochen des Trainings in die Box gegangen und hat dort binnen weniger Sekunden geschlafen. Hilft Euch das weiter? Sonst meldet Euch gerne.
          Viele Grüße,
          Christina

          Antworten
  2. Lea

    Hi Christina,

    was für eine Box hast du gekauft? Unsere Vizla-Mischling ist auch ein sehr unruhiger Welpe und kommt kaum zur Ruhe. Dein Beitrag ist wirklich sehr hilfreich!

    Antworten
  3. Linda

    Vielen Dank für diesen Artikel!

    Ich kann deine Aussage zu 100% bestätigen!

    Wir haben seit einer Woche eine jetzt 10 Wochen alte Vizsladame Zuhause und haben aufgrund der Rücksprache mit unserer Trainerin an Tag eins mit dem Boxtraining gestartet. Jetzt meckert sie noch ca. 5 Minuten, schläft dann aber seelenruhig ein. Auch nachts ist diese Box nur von Vorteil.

    Ich weiß nicht, wie ich diese Phase ohne Box schaffen würde, zumal unser Vizsla zum Teil auch ein Bürohund werden soll und ich zusätzlich noch 2 Grundschulkinder „betreuen“ muss.

    Ich kann alle Welpenbesitzer (aller Rassen) nur darin bestärken, mit dem Boxtraining zu starten. Am Anfang ist es wirklich hart, weil sie das nicht lustig finden uns sich lautstark wehren. Auf Dauer hilft es aber auch dem Hund Ruhe zu finden und ausgeglichener zu sein.

    Für beide Seiten also eine Win-Win!

    Antworten
    • Christina

      Hallo Linda,

      danke für Deinen Kommentar. Ich freue mich, dass auch Euch das Boxentraining geholfen hat und kann Dir wirklich nur zustimmen: Es ist wirklich ein „Lebensretter“ für den Alltag mit Vizsla. Wie „Sitz“ und „Platz“ muss eben auch das „Ruhe halten“ gelernt werden. Ich hoffe, Ihr geht weiter erfolgreich diesen Weg.

      Viel Spaß und einen schönen Sonntag!

      Christina & Bayard

      Antworten
  4. Anna

    Liebe Christina,

    danke für deinen Beitrag und die ehrlichen Worte. Es gibt wirklich sehr viel Zuversicht.
    Wir haben das gleiche Problem und müssen unsere Zimtnase zum ruhen „zwingen“. Es fühlt sich wirklich nicht gut an, ihn in seine Box zu sperren. Aber da muss man leider durch. Eine Frage: Ist dein Vischel immer noch verkuschelt? Weil wenn er lernt in seiner Box ist Ruhe dann könnte ich mir vorstellen dass er sonst nicht mehr so gerne kuschelt (ist ja dann außerhalb der Schlafenszeit aktiv)
    Und die Vorstellung dass er nicht gerne kuschelt finde ich sehr traurig.
    Ich freue mich auf deine Nachricht 😊
    Liebe Grüße!

    Antworten
    • Christina

      Hallo Anna,
      Bayard kuschelt nach wie vor gerne. Hat aber auch gerne „seine Ruhe“. Für mich ist es selbstverständlich, dass auch er „seine Zeit“ im Körbchen braucht, das für ihn somit ein Ruhe- und Rückzugsort ist. D.h. dort wird er nicht von mir „angekuschelt“. Bei uns gibt es dagegen bewusste „Einladungen“ zum Zusamenliegen. Dazu lege ich eine bestimmte Decke auf das Sofa und lade ihn mit einem Kommando ein. Hier können wir dann nebeneinanderliegen und eben auch kuscheln – wenn Bayard allerdings keine Lust mehr hat, ist das auch in Ordnung. Denn ich habe mich selbst oft dabei ertappt, dass das Kuscheln vielmehr mein, als das Bedürfnis meines Hundes ist.
      Hilft das weiter?
      Viele liebe Grüße,
      Christina

      Antworten
  5. M & A

    Hallo Christina, was du hier schreibst passt 110% zu unserer 12 Wochen alten Ella. Leider ist sie absolut hibbelig, sodass man sie kein Minute aus den Augen lassen kann, ohne das sie etwas anknabbert oder kaputt macht.
    Nachts schläft sie in ihrer Box schon durch und ist bereits stubenrein.
    Tagsüber wenn sie in die Box soll jault, bellt sie nur und fängt an ihr Bett darin zu zerrupfen.
    Tagsüber schläft sie maximal 3h und nur dann wenn man sich mit ihr hinsetzt und sie runter bringt.
    Abends hingegen ist sie ab 20 Uhr fix und fertig und schläft dann bis zum nächsten morgen durch.
    Wir kommen aus Wipperfürth direkt um die Ecke von dir 😉
    Können wir dich ggf für ein paar Tipps und Tricks telefonisch kontaktieren?

    LG Aline & Magnus

    Antworten
    • Christina

      Hallo Aline und Magnus,
      es freut mich sehr zu lesen, dass Ihr so positive Erfahrungen mit Eurer Vizsla-Hündin macht und viele Dinge schon jetzt so gut funktionieren. Das Boxentraining braucht eben etwas Zeit. Und auch Ruhe und Entspannung müssen gelernt werden. Das ist ein Prozess und letztlich kein „Befehl“ wie „Sitz oder Platz“, den man mit einem Kommando auslösen kann. Vizslas sind eben „unruhige Geister“ 😉
      Zum Thema telefonischer Kontakt werde ich häufiger gefragt und antworte immer dasselbe: Ich bin keine Trainerin und kann/darf daher gar keine Konsultationen abhalten. Ich berichte hier ja lediglich von meinen subjektiven Erfahrungen 🙂
      Ich wünsche Euch alles Gute!
      Viele liebe Grüße,
      Christina

      Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert