Der Vizsla kommt nicht zur Ruhe! Wie Boxentraining helfen kann
Wer meinen Blog verfolgt, wird häufiger über die Aussage gestolpert sein, dass der Vizsla viel rassetypische Auslastung benötigt – für Kopf und Körper. Dennoch habe ich selbst erfahren dürfen, dass man es mit den Aktivitäten durchaus übertreiben kann. Und der Vizsla neben Gehorsam vor allem auch das zur Ruhe kommen lernen muss. Wie uns das Boxentraining dabei geholfen hat, schildere ich im folgenden Beitrag.
Was zu wenig Ruhephasen beim Vizsla anrichten
Als ich Bayard mit knapp neun Wochen bekam, war er ganz anders, als ich es erwartet hatte: Von den Erfahrungen mit meinem früheren Hund und den Schilderungen vieler anderer Hundeeltern wusste ich, dass ein Welpe bis zu 20 Stunden am Tag schläft. Dass kleine Spaziergänge ausreichen, damit das Fellknäuel anschließend seelenruhig in seinem Körbchen döst. Aber Pustekuchen! Ich hatte einen Welpen auf LSD, der einfach nie zur Ruhe kam.
Meine erste Schlussfolgerung: Du lastest Deinen Vizsla nicht richtig aus. Hätte er genug Bewegung und würde von Dir ausreichend gefordert, würde er ja schlafen. Wie ich heute weiß, war das ein großer Irrglaube und der Anfang vieler Probleme.
Denn anstatt meinen Vizsla-Welpen zur Ruhe zu zwingen, ging ich zunächst dazu über, die Gassirunden auszudehnen, das Training anspruchsvoller zu gestalten und auch im Haus immer ausgiebig mit ihm zu spielen. Das Resultat: Ein völlig aufgedrehter (und übermüdeter) Vischel, der noch immer nicht zur Ruhe kam und massive Probleme hatte, entspannt im Körbchen zu liegen und nicht ständig voll Anspannung auf die nächste Ablenkung zu warten.
Und das rächte sich: Nicht nur, dass ich einfach nichts mehr erledigt bekam, weil der überdrehte Vischel immer irgendwas anstellte, ich ein Auge auf ihn werfen musste und dadurch selbst unruhiger und gereizter wurde. Auch als „Bürohund“ hatte Bayard aufgrund dieser Problematik extreme Anlaufschwierigkeiten.
Unser Lebensretter: Das Boxentraining
Überfordert, von Schlafmangel gepeinigt und „mit der Gesamtsituation unzufrieden“, wandte ich mich schließlich an eine Hundetrainerin, die das Problem schnell erkannte:
„Ihr Hund muss lernen, zur Ruhe zu kommen“, sagte sie nach ungefähr fünf Minuten. „Und damit meine ich lernen, genauso wie er lernen muss, Sitz und Platz zu machen.“
Danach stellte sie in einer ruhigen Ecke eine Hunde-Transportbox auf, legte Bayards Kuscheldecke hinein und lockte den Vischel mit einem Leckerli hinein. Danach wurde die Tür angelehnt, sofort wieder geöffnet und Bayard bekam mit viel Lob ein weiteres Leckerli. So weitete die Trainerin die Zeiten der vermeintlich geschlossenen Tür sekundenweise aus.
Wir bekamen den Auftrag, genau das täglich zu üben und dabei die Intervalle der „Boxenzeit“ immer weiter zu vergrößern. Zudem riet die Expertin dazu, Bayard nur noch in der Box, allerdings bei geöffneter Tür, zu füttern. Er sollte diesen Ort mit „etwas Positivem“ verbinden.
Für das Spielen im Haus bekamen wir ein deutliches Verbot. Action sollte es nur noch außerhalb der eigenen vier Wände geben.
Gesagt, getan. Wir übten fleißig. Als die Tür dann aber nach ein paar Tagen das erste Mal wirklich verschlossen wurde, startete das Theater: Um seinem Ruf als „Dramaqueen der Hunderassen“ alle Ehre zu machen, winselte und weinte Bayard kräftig drauf los. Minutenlang. Für mich nicht einfach, aber ich blieb standhaft. Erst als er aufhörte und ruhig wurde, öffnete ich die Tür und er wurde mit viel Lob und einem Leckerli belohnt.
Auch die kommenden Tage gingen – sobald die Tür geschlossen wurde – nicht ohne disaströses Gezeter, Gewimmere und Geweine vonstatten. Bis er irgendwann kaum noch „meckerte“. Er schien zu begreifen, dass er wenn überhaupt erst rausgelassen wird, wenn er sich ruhig verhält.
Dann, eines Abends, stand die Tür der Box offen und Bayard ging freiwillig hinein, rollte sich zusammen und schlief ein.
Der Vizsla kann Ruhe lernen
Dieses Verhalten zeigte er nun immer häufiger. Auch tagsüber. Und selbst wenn ich die Tür der Box schloss, wachte er nicht auf.
Ich war seelig! Endlich konnte ich seine Schlafphasen nutzen, um auf dem Sofa zu entspannen. Bayard „wehrte“ sich nicht mal mehr dagegen, wenn ich ihn nach jedem Spaziergang routinemäßig in die Box setzte. Es dauerte keine Minute, bis er „in seiner Höhle“ ruhig wurde und einschlief.
Eiserne Regel: Während er in der Box lag, gab es meinerseits keinerlei Ansprache. Und auch Spielzeuge waren an diesem Ort tabu. Der Vizsla sollte lernen: In Deiner Box kannst Du entspannen, weil Du nichts verpasst. Action und Spiel gibt es draußen, drinnen wird geruht.
Irgendwann musste ich die Tür gar nicht mehr schließen. Bayard hatte die Box als seinen Rückzugsort akzeptiert, an dem er endlich zur Ruhe kommen konnte. Und es trat das ein, was ich niemals für möglich gehalten hätte: Je mehr mein Vizsla schlief, desto ausgeglichener wurde er.
So lange dauerte das Boxentraining
Dass ich zu etwa dieser Zeit coronabedingt dauerhaft ins Home Office umgesiedelt wurde, erwies sich für das Boxentraining natürlich als Glücksfall. Zwar hatten Bayard und seine Hundebox ein paar gemeinsame Auftritte im Büro, aber durchaus zu einer Zeit, als er noch sehr klangvoll demonstrierte, was er von den von Frauchen verordneten Ruhephasen hielt. Immer gerne dann, wenn einer der Kollegen gerade dringend telefonieren musste.
Heute weiß ich, dass Bayard mich erst hätte begleiten sollen, nachdem er das Boxentraining erfolgreich absolviert hatte. Und das hat bei uns etwa drei bis vier Wochen gedauert. Nachdem er die Box vollständig akzeptiert hatte, habe ich dort auch nicht mehr gefüttert.
Das Boxentraining für den Vizsla: Mein Fazit
Jedem Vizsla-Besitzer kann ich nur dazu raten, das Thema Ruhe so früh wie möglich zu trainieren. Gerade bei einer so aktiven und reizsensiblen Rasse lohnt sich das Boxentraining. Ich würde heutzutage viel früher damit anfangen und die Box gleich am ersten Tag als Ort der Ruhe etablieren. Aber auch bei etwas älteren Welpen lässt sich das Training noch gut durchführen.
Euer Hund wird Euch die Zwangspausen danken. Ok, zugegeben, nicht sofort. Aber mit der Zeit werdet Ihr einen ausgeglicheneren und zufriedeneren Vischel bekommen. Und davon profitieren vor allem das gemeinsame Zusammenleben und letztlich jedes weitere Gehorsamstraining.