Vizsla-Rüde und -Hündin: Was sind die Unterschiede?

von Jun 11, 2021

Der Magyar Vizsla weist rassetypische Charaktereigenschaften auf. Doch gibt es wesentliche Unterschiede zwischen Rüden und Hündinnen? Durch meine Erfahrungen bei der Erziehung beider Geschlechter konnte ich einige Gegensätze beobachten, die ich Euch im folgenden Blogbeitrag einmal zusammengestellt habe.

Ein paar Bemerkungen vorab…

Die folgende Liste erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit und beruht auf meinen subjektiven Erfahrungen und dem regelmäßigen Austausch mit anderen Vizsla-Besitzern. Zudem ist natürlich jeder Hund ein individuelles Wesen und es gibt sicher Rassevertreter, die von diesen Unterschieden abweichen. Ihr habt mit Euren Vischels gegenteilige Erfahrungen gemacht? Dann schreibt sie mir doch gerne unten in die Kommentare, so dass wir diese Auflistung gemeinsam ergänzen können!

Größe und Gewicht

Natürlich unterscheiden sich beim Magyar Vizsla Rüden und Hündinnen auch optisch: Während die männlichen Vertreter der Rasse laut FCI Standard eine Widerristhöhe von 58 – 64 cm erreichen, sind die weiblichen Tiere mit 54 – 60 cm meist deutlich kleiner. Das macht sich auch beim Gewicht bemerkbar, denn die Hündinnen wiegen normalerweise zwischen 18 – 25 kg, bei Rüden sind 20 – 29 kg üblich.

Vizsla Rüde Hündin Unterschiede
Die Vizsla Hündinnen sind meist kleiner und zierlicher als die Vizsla Rüden

Läufigkeit

Die Läufigkeit ist ein weiterer, zunächst offensichtlich erscheinender Unterschied. Etwa alle sechs bis neun Monate werden die Hündinnen läufig und reagieren sehr individuell auf die Veränderungen in ihrem Körper. Ich selbst habe bemerkt, dass Aika, die Vizsla-Hündin, die ich acht Jahr betreut habe, in dieser Zeit einerseits ihre Ruhe wollte, andererseits auch sehr kuschel- und nähebedürftig war. Zudem habe ich wahrgenommen, dass Befehle „während der heißen Tage“ weniger folgsam ausgeführt wurden.

Dominanzverhalten

Wer glaubt, dass das Hormonchaos ein typisches Problem bei Hündinnen sei, irrt gewaltig: Zwar werden Rüden nicht läufig, allerdings ist auch das plötzlich einsetzende Dominanzverhalten in der Pubertät nicht zu unterschätzen – und es dauert länger als jede Läufigkeit. 😉

Dazu gehört einerseits das gewissenhafte Markieren während der Spaziergänge, aber auch Imponiergehabe oder Aggression gegenüber anderen Rüden können ein Symptom der Pubertät beim Vizsla-Rüden sein. Ich habe mit Bayard vor allem kräftig diskutieren und immer wieder die Rangfolge demonstrieren müssen, die von jungen Rüden natürlicherweise mehr in Frage gestellt wird als von Hündinnen.

Vizsla Rüden typisches Aussehen
Drei „typische“ Vizsla-Rüden

Training und der „will to please“

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Hündinnen beim Training ein wenig „leichtführiger“ agieren und weniger „diskutieren“, wenn es beispielsweise um Impulskontrolle und Steadiness geht. Dafür habe ich das Gefühl, dass Rüden teilweise sensibler auf Kommandos reagieren und schon sehr kleine körpersprachliche Befehle wahrnehmen.

Der jagdhundtypische „will to please“ ist hingegen beiden Geschlechtern angeboren, so dass sich beide sehr gelehrig und aufmerksam zeigen und schnell neue Kommandos lernen. Dass die Hunde beim Training bisweilen aufgedreht, ungeduldig und hektisch agieren, konnte ich ebenfalls bei beiden Geschlechtern beobachten. Da heißt es dann als Hundehalter: ruhig und geduldig bleiben und Gelassenheit ausstrahlen.

Dickköpfigkeit

Einen starken eigenen Willen zeigen beide Geschlechter, der sich aufgrund meiner Erfahrung aber auf unterschiedliche Weise zeigt: Während Hündinnen meist „zickig“ und bisweilen beleidigt reagieren, wenn ihnen etwas nicht passt und sich zurechtgewiesen werden, sind Rüden sehr dickköpfig. Ich habe bei Bayard mitunter erlebt, dass er sich einfach hinsetzt und nicht weitergeht, wenn er keine Lust hat. Oder – gerade als die Hochphase der Pubertät erreicht war – beim Training lieber rumgealbert als gearbeitet hat.

Nachgiebig sollte man weder bei Hündin noch beim Rüden sein. Die intelligenten Jagdhunde bemerken Schwäche in Form von Inkonsequenz ihres Halters sofort und nutzen diese gerne aus. Auch wenn es anstrengend ist: Setzt einen Befehl immer durch! Euer Vizsla muss lernen, dass jede Diskussion mit Euch zwecklos ist, da Ihr Euch am Ende durchsetzt.

Geistige Reife

Ein aus meiner Sicht sehr deutlicher Unterschied zwischen Vizsla-Rüde und -Hündin ist die geistige Reife: Während sich die weiblichen Tiere üblicherweise gemäß ihres Alters verhalten, bleiben die Rüden im Kopf sehr viel länger ein Welpe. Zwar können beide Geschlechter des Magyar Vizslas echte Clowns und Spaßmacher sein, die Rüden zeigen aber noch deutlicher eine gewisse Art von Schalkhaftigkeit und sind für eine längere Zeit ungestüm.

Ich habe das Gefühl, die männlichen Tiere können ihre Größe und ihr Gewicht oft sehr schlecht einschätzen. Ich würde Bayard daher sogar eine gewisse Ungeschicktheit attestieren und bezeichne ihn liebevoll sogar als „kleines Mondkalb“, wenn wieder irgendwas umfällt, weil er beispielsweise gegen den Couchtisch rennt. 

Unabhängigkeit

Weiblichen Vizslas wird gerne eine größere Unabhängigkeit nachgesagt, die ich ebenfalls bestätigen kann. Während Aika sich beispielsweise sehr gerne draußen alleine gesonnt hat, braucht Bayard immer irgendeine Art von Kontakt und versichert sich regelmäßig, dass ich wirklich noch da bin. Auch wenn ich den Raum verlasse, folgt er mir „wie ein Schatten“. Ein solches Verhalten habe ich bei Hündinnen seltener beobachten können.

Echte „velcro dogs“ sind jedoch beide Geschlechter, so dass Ihr mit Kontaktliegen und Kuscheleinheiten überschüttet werdet, egal ob Ihr Euch für eine Vizsla-Hündin oder einen -Rüden entscheidet.

„Love you“ vs. „in love with you“

Im englischen Sprachraum hat sich zur Unterscheidung von Vizsla-Rüden und -Hündinnen das folgende Sprichwort etabliert: „The females love you, the males are in love with you.“ (Frei übersetzt: Die Hündinnen lieben dich, die Rüden sind in Dich verliebt.)

Während die weiblichen Tiere eine ruhige und innige Zuneigung zeigen, sind die männlichen Tiere viel eher Charmeure, die mehr Bestätigung brauchen und sich Eurer Liebe häufiger versichern werden.

Ich muss sagen, dass ich dieses Sprichwort nicht zu 100% unterschreiben kann, denn die beiden Hunde, die ich intensiv kennenlernen durfte, haben Tendenzen beider Verhaltensweisen gezeigt.

Welche Erfahrungen habt Ihr hierbei gemacht?

Bis dahin: Stay Vizsladdicted!

2 Kommentare

  1. Jenny

    Liebe Christina,
    ich denke, dass es weniger eine Frage des Geschlechts sondern eher eine Frage des Charakters ist. Unser erster Vizsla ein Rüde war eher der stille Schatten, der kaum etwas hinterfragt oder diskutiert hat. Dennoch war er auch sehr eigenständig, so hat er viele Vormittage beim Sonnen im Vorgarten oder alleine auf dem Sofa meines Bruders verbracht, während dieser in der Schule war. Ein strenger Ton hat gereicht und unser Rüde hat “gespurt“. Unsere jetzige Hündin ist das komplette Gegenteil, sie diskutiert sehr gerne und ist sehr dickköpfig ;). Gleichzeitig ist sie auch sehr anhänglich und am liebsten liegt sie direkt auf ihren Menschen, um zu kuscheln. Auch beim Spazieren gehen liegt ihr Blick immer auf uns. Ich sage es mal so: Wir dachten wir kennen uns mit Hunden und Vizslas aus, aber unsere Hündin hat uns vom Gegenteil überzeugt…aber dafür lieben wir sie umso mehr.
    Liebe Grüße
    Jenny und Frieda

    Antworten
    • Christina

      Hallo liebe Jenny,

      das ist ein guter Punkt. Ich bin mir sicher, dass es viele Vizslas gibt, die von den genannten Eigenschaften abweichen. Bayard ist im Grunde auch ein eher ungewöhnlicher Rassevertreter – das haben uns auch die Trainer attestiert. Denn bei ihm kann und muss man beim Training mitunter einen etwas schärferen Ton zur Korrektur anwenden, den andere Hunde aufgrund ihrer Sensibilität gar nicht ertragen könnten. Ich finde es aber toll, was Du schreibst: Gerade die „Abweichungen von der Norm“ machen unsere Hunde so liebenswert und eben einzigartig!

      Habt einen tollen Abend.
      Christina & Bayard

      Antworten

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